Zehntklässler gedenken der Kriegstoten

Zum Volkstrauertag am 19. November 2017 nahmen die 10. Klassen mit ihren Religions- und Praktische Philosophie- Lehrerinnen an der Gedenkstunde im Schwerter Rathaus teil. Dabei berichteten sie von ihren bewegenden Eindrücken beim Besuch der Kriegsgräberstätte im holländischen Ysselsteyn.

Hier ist der Beitrag der Schülerinnen und Schüler zum Nachlesen:

Primaner in Uniform

Der Rektor trat, zum Abendbrot,
bekümmert in den Saal.
Der Klassenbruder Kern sei tot.
Das war das erste Mal.

Wir saßen bis zur Nacht im Park
und dachten lange nach.
Kurt Kern, gefallen bei Langemarck,
saß zwischen uns und sprach.

Dann lasen wir wieder Daudet und Vergil
und wurden zu Ostern versetzt.
Dann sagte man uns, daß Heimbold fiel.
Und Rochlitz sei schwer verletzt.

Herr Rektor Jobst war Theolog
für Gott und Vaterland.
Und jedem, der in den Weltkrieg zog,
gab er zuvor die Hand.

Kerns Mutter machte ihm Besuch.
Sie ging vor Kummer krumm.
Und weinte in ihr Taschentuch
vorm Lehrerkollegium.

Der Rochlitz starb im Lazarett.
Und wir begruben ihn dann.
Im Klassenzimmer hing ein Brett
mit den Namen der Toten daran.

Wir saßen oft im Park am Zaun.
Nie wurde mehr gespaßt.
Inzwischen fiel der kleine Braun.
Und Koßmann wurde vergast.

Der Rektor dankte Gott pro Sieg.
Die Lehrer trieben Latein.
Wir hatten Angst vor diesem Krieg.
Und dann zog man uns ein.

Wir hatten Angst. Und hofften gar,
es spräche einer Halt!
Wir waren damals achtzehn Jahr,
und das ist nicht sehr alt.

Wir dachten an Rochlitz, Braun und Kern.
Der Rektor wünschte uns Glück
Und blieb mit Gott und den andern Herrn
gefaßt in der Heimat zurück.

 

Erich Kästner beschreibt in seinem Gedicht „Primaner in Uniform“ den Alltag Jugendlicher im 1. Weltkrieg. Eine Situation wie sie uns heute in Deutschland zum Glück fremd ist.

Stela:

„Der Besuch in Ysselsteyn hat mich in die Zeit versetzt und zum Nachdenken gebracht. Dort liegen 31 585 Menschen, durch ihren Tod wurden so viele Leben verändert. So viele Familien haben auf grausame Weise ihre Liebsten verloren. Ich kann mir den Schmerz und das Gefühl eines Menschen, der das erlebt hat, nicht vorstellen. Ich frage mich, wie die Frauen, die allein mit ihren Kindern zurückgelassen wurden, das Ganze durchgemacht haben. Es bringt einen zum Nachdenken: Man sollte dankbar sein, was man hat. Dankbar sein, dass man den Frieden mit seiner Familien und seinen Liebsten jeden Tag teilen kann. Die Zeit vergeht, aber so etwas dürfen wir nicht vergessen!“

Lea:

„In den Geschichtsbüchern steht diese Zahl: 60-80 Millionen! So viele Menschen sind im 2. Weltkrieg gestorben. Ja, das ist eine sehr große Zahl, das weiß ich! Aber dennoch hatte ich nie ein Bild vor Augen wie viele Menschen das sind. Auf dem Friedhof in Ysselsteyn ruhen 31585 Soldaten und Zivilisten. Ich stand dort und war überwältigt, wie viele Kreuze das sind.

Doch ausgerechnet liegen dort nur 0,04Prozent der im 2. Weltkrieg getöteten Menschen. Dank dem Besuch kann ich mir jetzt eher vorstellen, welche Massen getötet wurden.“

Naomi:

„Wie viele Opfer ein  Krieg fordern kann, auch wenn es hier nur ein Bruchteil war.“

Maria:

„So viele Menschen sind uns Leben gekommen. Das macht mich traurig.“

Julia:

„Mir wurde bewusst, wie viele Menschen umsonst gestorben sind. Es ist unglaublich, wie die Familien gelitten haben müssen…“

Matthias:

„Hinter jedem Grab steht eine Geschichte, ein Leben, eine Persönlichkeit.“

Lara:

„Besonders beeindruckt haben mich die vielen schrecklichen Geschichten der sogenannten Kindersoldaten.“

Nathalie:

„Es hat mich erschreckt, dass Jungs in unserem Alter schon kämpfen mussten und gefallen sind. Sie hatten überhaupt kein richtiges Leben.“

Stela:

„Diese Jugendlichen hatten überhaupt keine Chance die Welt zu erkunden, das Leben zu spüren oder ein normales Leben zu führen. Sowas zerbricht alles im Herzen und man fängt an, sein Leben und das, was man hat, anders zu sehen.“

Celine:

Besonders schockierend fand ich das Schicksal eines kleinen Jungen Josef Meijer, der nur einen Tag gelebt hat.

Samuel:

„Der Umgang der Niederländer mit den feindlichen Soldaten hat mich beeindruckt. Sie gehen trotzdem würdevoll mit den Toten um.“

Johanna:

„Mich hat die Geschichte des holländischen Käpitän Timmermans, der sich 26 Jahre um den Friedhof in Ysselsteyn gekümmert hat, besonders beeindruckt. Im Krieg verletzt war er in einem Lazarett zusammen mit einem Deutschen untergebracht. In Gesprächen haben sie bemerkt, dass dieser Krieg eigentlich keinen Sinn hat. Auch finde ich die Geschichte schön, dass  sich der Deutsche nach seiner Genesung um den fast blinden Holländer gekümmert hat und bei ihm geblieben ist. Für mich zeigt diese Geschichte, dass immer noch Herzblut vorhanden war. Schließlich sind wir alle Menschen, ganz gleich unserer Herkunft oder unserer Religion und Einstellung.“

Amanda:

„In dieser Begegnung zwischen dem hölländischen Soldaten, der Deutsche wegen des Krieges hasste, und dem jungen deutschen Soldaten, der sich um ihn kümmerte, haben die beiden gemerkt, dass im selben Boot sitzen und im Prinzip gleich sind. Deshalb sollten wir respektvoll auftreten und versuchen, uns gegenseitig zu verstehen.

Anna:

Die Geschichte mit dem Glockenspiel hat mich beeindruckt. Die Mutter, die ihren Sohn verloren hatte, ist häufig von Berlin nach Ysselsteyn gekommen, um das Grab ihres Sohnes zu sehen und auf einer Bank um ihn zu trauern. Weil sie meinte, dass es auf dem Friedhof zu still und zu traurig sei, hat sie sich dafür eingesetzt, dass ein Glockenspiel auf dem Friedhof die Besucher aufmuntert.

Serihan:

Besonders schön fand ich die Idee mit dem Ginko-Baum. Ein Wirkstoff aus dem Ginko-Baum sorgt dafür, dass man nicht so vergesslich wird. Also mahnt er uns, nicht zu vergessen, sondern uns zu erinnern. Außerdem war der Ginko-Baum nach dem Atombombenabwurf von Hiroshima der erste Baum, der wieder Blätter trug. Damit ist er zugleich ein Zeichen der Hoffnung. 

Timo:

„Ich wurde wieder daran erinnert, wie gut wir es heutzutage haben und kann nur hoffen, dass wir sowas nicht miterleben müssen.“